23.05.2024
Bei den Europameisterschaften im April auf Madeira (POR) hatten die deutschen Paraschwimmer:innen insgesamt 18 Medaillen gewonnen, sieben davon in Gold. Nächster Halt auf dem Weg zu den Paralympics in Paris (FRA/28. August – 08. September) und zugleich letzte Qualifikationschance für den Saisonhöhepunkt sind nun die Internationalen Deutschen Meisterschaften (IDM) in Berlin vom 30. Mai – 02. Juni. Für den Traditionswettkampf in der deutschen Hauptstadt haben über 600 Aktive aus mehr als 50 Ländern gemeldet, darunter auch 15 Goldmedaillengewinner:innen der vergangenen Spiele in Tokio 2021. Man kann dabei also getrost von einer paralympischen Generalprobe reden, die der Behinderten- und Rehabilitations-Sportverband Berlin hier organisiert. Im Interview spricht Bundestrainerin Ute Schinkitz über ihre Erwartungen dabei.
Wie viel Optimismus ist denn nun angebracht mit Blick auf die Paralympics in Paris nach so einer erfolgreichen EM?
Ute Schinkitz: Natürlich sorgen solche Erfolge immer für Schwung und Selbstbewusstsein, obwohl wir natürlich wissen, dass im Sommer auch wieder Konkurrenz aus China und Übersee dabei sein wird, die man im Vorfeld der Spiele lange Zeit nirgends gesehen hat. Als Trainerin sieht man aber auch bei solchen Erfolgen oft noch Details, die man verbessern kann. Und natürlich gingen in Funchal auch bei uns nicht alle Pläne auf, zum Beispiel im technischen oder taktischen Bereich. Das ist ganz normal, weil die EM mitten in der Saison lag. Die Anzahl unserer Paris-Teilnehmer:innen ist mit zwölf Starter:innen überschaubar. Bei der IDM geht es uns daher darum, dass Leistungsniveau weiter zu erhöhen, also neben technisch, taktischen Feinheiten auch die Qualifikationszeiten zu unterbieten. Berlin ist die letzte Chance, sich das Ticket zu sichern.
Sieben Slots bei den Frauen und fünf Slots bei den Herren wurden im vorgeschriebenen Zeitraum bis Ende Januar 24 für Deutschland erkämpft. Elena Semechin (geb. Krawzow) und Taliso Engel, die beide schon 2021 in Tokio Gold gewannen, glänzten 2024 bereits mit Weltrekorden und dürften daher genauso gesetzt sein für Team D Paralympics wie Gina Böttcher und Verena Schott nach ihren drei bzw. zwei EM-Siegen. Entscheidend ist die IDM daher doch vor allem für jene ohne Norm wie Neele Labudda, Johanna Döhler oder Justin Kaps, oder?
Ute Schinkitz: Nach den bisherigen Fakten ist das grundsätzlich so. Es könnte aber sein, dass wir mehr Normerfüller:innen haben als Plätze für Paris. In diesem Fall entscheidet der Rang in der Weltrangliste beziehungsweise auch die Anzahl der Finalchancen. Daher kann sich niemand in Sicherheit wiegen, alle sind an schnellen Zeiten bei der IDM interessiert. Das schnelle Becken der SSE war schon immer ein gutes Pflaster für Topleistungen, deswegen kommen ja auch so viele Topschwimmer:innen aus anderen Nationen nach Berlin.
Elena Semechin freut sich auf ihren Heimvorteil und peilt als Weltrekordlerin auch wieder eine Bestzeit an in diesem Jahr. Damit dürfte sie wieder zu den deutschen Goldhoffnungen zählen.
Ute Schinkitz: Elena und auch Taliso möchten ihren Titel als die Besten der Welt gern verteidigen und arbeiten hart daran, ihre Bestzeiten zu verbessern. Eine ganz normale Sache im Sport, auch wenn beide die aktuellen Weltrekorde halten. Neben diesen beiden haben wir im Team aber weitere Medaillenhoffnungen in Paris. Wer international 2023, 2024 Medaillen errungen hat und die aktuelle Weltrangliste mitbestimmt, möchte auch in Paris in den Medaillenkampf erfolgreich eingreifen.
Die Topstars Semechin und Engel hatten aber auch gesundheitliche Probleme zu bewältigen. Semechin musste eine Chemotherapie gegen den Hirntumor durchstehen, der ebenfalls sehbehinderte Engel musste durch Probleme am Ohr auch noch einen Hörverlust verkraften.
Ute Schinkitz: Was Elena in diesem paralympischen Zyklus leistet, seit im Oktober 2021 die Krebsdiagnose gestellt wurde, ist einfach unfassbar und rührt auch mich immer mal wieder zu Tränen. Nicht weniger beeindruckt mich, wie Taliso alles meistert und versucht, das Beste aus seiner Situation zu machen. Wie beide vor allem auch mental die Herausforderungen meistern, das ist vielleicht die größte Leistung und spricht vor allem auch für ihr direktes Umfeld. Weitere Schwimmer:innen aus dem Team haben meinen größten Respekt, so zum Beispiel auch Josia Topf, der die WM 23, als er in Topform war, aus gesundheitlichen Gründen absagen musste oder Tanja Scholz, die als Weltmeisterin zahlreiche gesundheitliche Rückschläge einstecken musste und sich momentan noch zurückkämpft.
In diesem Jahr finden parallel zur IDM auch Rennen der Citi Para Swimming World Series statt, für welchen Wettkampf haben die deutschen Topstars denn nun jeweils gemeldet in Berlin?
Ute Schinkitz: Wir wollen schon, dass unsere besten Aktiven hier auch voll im Rampenlicht stehen, und deswegen wird man sie auch diesmal in vielen IDM-Finalrennen sehen. Wenn jemand sich aber unbedingt gegen die internationale Konkurrenz im direkten Vergleich messen will, weil wir wissen, dass sie an den Start gehen werden, wurde für die World Series gemeldet. Man muss dazu wissen, dass bei der IDM bzw. der World Serie nicht in reinen Startklassen geschwommen wird, sondern alle Startklassen werden über ein Punktsystem zusammen gewertet. Ich bin mir daher sicher, die IDM wird wieder einer der besten Wettkämpfe des Jahres.
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